Zunft und Handwerk
Die Straßennamen erzählen es uns: in der Schmiedstraße wohnten vor fünfhundert Jahren Kupfer-, Gold- und Silberschmiede, in der Ledererstraße die Lederer und in der Apothekergasse die Wundärzte. Entlang des Stadtbachs drehten sich unermüdlich große Mühlräder, und neben der Kirche an der Schwemme wurde den Rössern der Arbeitsschmutz abgewaschen. Bäcker, Töpfer, Schlosser, Uhrmacher und Zinngießer – alle möglichen Berufsgruppen lebten in Weilheim innerhalb der Stadtmauern mit den drei Tortürmen. Sie schlossen sich zu Zünften zusammen, prägten ihr eigenes Handwerkswappen, gehorchten strengen Regeln und sammelten Geld in großen Schatztruhen, die sie mit bis zu neun Schlössern versahen.
Im Stadtmuseum lernen wir einige berühmte Bewohner Weilheims kennen. Etwa den Bildhauer Hans Degler, der durch die Heirat mit Helena, der Bildhauertochter Krumpper, zu hohem Wohlstand kam. Oder den Maler „Lechhansl“ mit seinem Apotheker Damianus Honnakum, der manchmal etwas tiefer ins Glas geschaut hatte. Oder auch den Kistler Betle, dessen Sohn Georg durch eines der Stadttore hinauslief und als Künstler in der großen weiten Welt sein Glück fand.
Vor den Schätzen des Stadtmuseums, dem großen Stadtmodell, prächtigen Zunftstangen, zinnernen Humpen und Pokalen, kunstvollen Wappen, Gemälden und Skulpturen begeben wir uns gemeinsam auf die Spuren der Handwerker, werfen einen Blick auf die Betriebe rund um den Marienplatz und überlegen, was ihr später mal werden wollt.
Die Weilheimer Schule
Die Weilheimer Schule ist weltberühmt! Vor rund 400 Jahren, als die Stadt Weilheim noch 2000 Einwohner zählte und im Herzen der Stadt jede Menge Handwerker ihrem Tagwerk nachgingen, machten sich Bildhauer wie Hans Krumpper oder Georg Petel, Maler wie Elias Greither und Elfenbeinschnitzer wie Christoph Angermair einen großen Namen und waren selbst am Münchner Hof hoch angesagt. Bildhauer, Maler, Fassmaler, Goldschmiede und Stuckateure betrieben große Werkstätten, banden sich gegenseitig in Aufträge ein, heirateten innerhalb ihrer Familien und gaben ihre Söhne Kollegen in die Lehre. Ob in München, Augsburg oder Oberösterreich – bei den Ausstattungen der Klöster, Kirchen und Residenzen übernahmen sie häufig den Löwenanteil und prägten den bayrischen Barock bis ins 17. Jahrhundert.
Bemalte Madonnen auf der Mondsichel, lockige Christuskinder aus Holz oder Engelsfiguren vom Altargesims – heute beherbergt das Stadtmuseum Weilheim eine ganze Bandbreite an Schätzen dieser Zeit. Bei unserem Rundgang lernen wir die Weilheimer Meister kennen, sehen die Blüten ihrer Arbeit und hören von den Geschehnissen, als die Pest grassierte und die Schweden die Stadt einnahmen. Wie die damaligen Künstler mit Figuren die Altäre schmückten, den Stuck an Ort und Stelle in feinster Handarbeit formten und die hohen Gewölbe bemalten, erfahren wir, wenn wir die Stadtpfarrkirche betreten. Hier treffen wir die ganze Künstlerriege, die damals Schule machte, wieder – und fühlen uns schon fast ein bisschen wie zu Hause.